Sagen aus der Gegend um Steinbach
(Quelle:
"Geroldsgrüner Blättla" - Mitteilungsblatt der Gemeinde)
Die Reuthklunz
In Großenreuth, westlich von Steinbach b.G., lebte einst eine Magd, welche nur
die Reuthklunz genannt wurde. Einmal in der Nacht träumte ihr, sie solle am
nächsten Tag in den Gevattergraben gehen. Als die Zeit da war, machte sie sich
auf den Weg. Es dauerte nicht lange, so war sie an dem vorausgesagten Ort
angekommen.
Da sah sie unter einem hohen, breitästigen Fichtenbaum ein altes, gebücktes
Weiblein stehen. Dieses winkte die Magd zu sich heran, um sie dann an eine
Haselnußstaude zu führen. Unter dieser stand eine alte eiserne Pfanne mit drei
Beinen und einem hölzernen Stiel. Sie war gehäuft mit Gold gefüllt. Das
Holzfraala sagte: "Das gehört dir, nimm's und geh heim, dreh dich aber auf dem
Weg ja nicht um!" Dann humpelte es davon.
Die Magd ergriff die Pfanne, hob sie auf und ging damit heim. Freudig und mit
schnellen Schritten eilte sie auf Großenreuth zu. Auf einmal war es ihr, als
würde hinter ihr ein Sausen und Brausen anheben. Sie horchte erschreckt auf.
Es war keine Täuschung. Das Getöse wurde immer stärker, es blitzte und donnerte
wie beim ärgsten Gewitter, so dass die Magd vor Angst und Schreck halb in die
Knie sank.
Um Gottes Willen, was ist das?" dachte sie und rannte wie gehetzt weiter, vor
sich die Pfanne haltend. Da war es ihr, als sei ihr dieses fürchterliche Etwas
ganz dicht auf den Fersen und greife sie schon von hinten an. Nun konnte sie
sich nicht mehr halten und mit angsterfülltem, bleichem und verzweifeltem
Gesicht schaute sie sich um. Ein fürchterlicher Schlag, dass sie fast zu Boden
stürzte, ihre Hand wurde leicht und wie sie hinsah, hielt sie nur noch den
Holzstiel in der Hand! Die Pfanne mit dem Gold war verschwunden. Sofort wurde es
wieder still und ruhig hinter ihr, als ob nichts gewesen wäre.
Die Magd aber hatte genug und eilte schnell ihrer Behausung zu, froh darüber,
dass sie ihr Leben noch besaß. Nie mehr würde sie einer solchen Einladung Folge
leisten!
Die alten Leute erzählten, dass man noch lange den Pfannenstiel zeigte, den die
Magd mit heimgebracht hatte.
Der Hirtenknabe von Steinbach
Die Bauern von Steinbach hielten sich früher viele Schafe. Ein armer Knabe
musste sie alle Tage hüten. Meistens trieb er die ihm anvertrauten Tiere in den
Salagraben auf die Weide. Eines Tages hütete er wieder und saß auf einem
Rainstein. Seine Schafe ließen sich das Gras gut schmecken und schauten nur hin
und wieder einmal futterkauend auf ihren Hirten. Dieser hatte seinen Kopf in
beide Hände gelegt, die Ellenbogen auf die Knie gestützt, und schaute halb
träumend vor sich hin.
Da schreckte er plötzlich hoch. Jemand hatte ihm von hinten auf die Schulter
geklopft. Er drehte sich um und erblickte ein altes Weiblein, das Holzfraala.
"Komm mit, folge mir!" sagte es, wandte sich um und ging davon. Der Knabe lief
ihm hinterher und hatte Gelegenheit, das Weiblein näher zu betrachten. Es war
ein schon uraltes Mütterlein mit einem grauen Kopftuch, grauem Kittel und Rock.
In den Haaren steckte ein langer Haarstecker. Gebückt humpelte es vor dem
Hirtenbuben her und stützte den müden schwachen Körper auf einen Haselnußstock.
So kamen beide in die Sommerleite zu einem Felsen, in den unten ein Loch
hineinführte. Das Waldfraala schlüpfte durch dasselbe und der Knabe hintennach.
Sie gelangten in eine geräumige Höhle, in deren Mitte eine Truhe stand, offen
und ganz mit Gold gefüllt. "Von diesem Geld kannst du dir alle Tage
vierundzwanzig Kreuzer nehmen, aber niemals mehr!" sagte das Weiblein und
verließ die Höhle.
Der Hirte nahm das Geld heraus und ging seines Weges. Alle Tage holte er sich
nun seine Summe. Allmählich rückte die Kirchweih heran. Am Kirchweihsamstag ging
der Schäfer wie immer in die Höhle, nahm sich diesmal aber nicht bloß
vierundzwanzig Kreuzer heraus, sondern eine ganze Handvoll. Damit feierte er
eine vergnügte Kirchweih, war lustig und fidel.
Als das Fest vorbei war, hütete er wieder seine Schafe und machte sich wie
gewöhnlich auf den Weg zur Höhle. Zwar war ihm etwas ängstlich zumute, wie er an
den Kirchweihsamstag dachte, aber die Sucht nach dem Geld überwand alle
Bedenken.
Er fand die Höhle wie immer und ging bedenkenlos hinein. Auch die Lade stand da
und war geöffnet wie sonst. "Also noch alles beim alten", dachte er, trat hinzu
und griff hinein. Da - ein harter Schlag, dass die Höhle bebte; krachend und
dröhnend flog der Deckel zu und schlug dem Armen die rechte Hand ab. Der Hirte
stieß einen gellenden Schrei aus und stürzte zu Boden. Als er wieder zu sich
kam, lag er draußen im Gras bei seinen Schafen und hatte keine rechte Hand mehr.
Weinend lief er heim und erzählte alles. Niemals mehr hat man den Höhleneingang
gefunden.
(Den Ort des Geschehens lieferte für diese Sage der "Salagraben" zwischen dem
Langesbühl und Mühlleithen, in dem früher nach Eisen geschürft wurde)
Das beleidigte Holzweiblein
Steigt man von Steinbach aus zu dem aussichtsreichen Gipfel des Langesbühl
hinauf, so sieht man verwachsene Erdaufwürfe. Diese stammen noch aus der Zeit,
da hier fleißige Bergknappen nach Erzen schürften. Die Mittagspause verbrachten
sie, um frische Luft zu schöpfen, besonders bei sonnigem Wetter vor dem Stollen.
Dort nahte ihnen eines Tages ein Holzweibchen und flehte sie um einige Bissen
ihres reichen Mittagsmahles an. Mißmutig wiesen sie das kleine Geschöpf ab. Am
folgenden Sonnentage trat es wieder vor die Schmausenden und bat sie, ihr ein
wenig Essen in ihr Näpfchen zu tun. Da wurde es beschimpft und verhöhnt. Man
drohte ihm sogar damit, es dem wilden Jäger zum Fressen zu geben. Zur nächsten
schönen Mittagspause erschien es wieder, kleine schwarze Samenkörner in ihrem
Napf. Diese streute es mit einem Schwung vor die Knappen auf die Erde und
fluchte dabei: „Ihr Geizkragen sollt so viel Jahre, als das Kloftkörnchen sind,
hier kein Erz mehr anhauen. Ein Mundvoll Essen hätte euch für immer reiche
Ausbeute gebracht" Damit war es verschwunden. Allgemeines Gelächter und
Spottreden folgten ihren Worten. Doch als die Knappen wieder zu hauen begannen,
fanden sie nur taubes Gestein vor. Von dem Tage an lohnte sich der Bergbau am Langesbühl nicht mehr. Die Bergleute suchten sich anderswo ihr Auskommen und
wanderten aus. Ihre Stollen verfielen. Hartherzigkeit hatte sie vom Brot und um
die Heimat gebracht.
2.Version dieser Sage
Der Hirsetopf
Am Langesbühl bei Steinbach verspeisten die Bergleute ihr
einfaches Mittagsmahl. Da nahte sich ihnen das Holzweiblein und bat um ein wenig
Essen. Die Leute aber waren geizig und wiesen das bucklige Weiblein hönisch ab.
Traurig wandte sich das Weiblein weg. Vom Hunger geplagt kam es am anderen Tag
wieder zur Essenszeit. Abermals wurde es unter Schimpfworten abgewiesen. "Das
karge Essen langt kaum für uns. Wie sollen wir dich da noch damit nähren
können?. Laß Dich nicht noch einmal sehen" drohten die Bergleute. Trotzdem
stellte sich das Weibchen am dritten Tage wiederum ein. Aber diesmal erschien es
nicht als Bittende, sondern wies stolz einen großen Topf mit Hirsekörnern vor.
"Weil ihr gar so herzlos gewesen seid, sollt ihr so viele Jahre kein Gold
mehr graben als Hirsekörner im Topf sind." Dann war es mit einem male nicht mehr
zu sehen. Die Männer lachten hinter Ihr her und spotteten über die Drohung. Doch
bald verging ihnen das Lachen. Der Fluch des Holzweibleins sollte in Erfüllung
gehen. Das Mühen und Plagen der Leute war ohne Erfolg. Nicht ein Stäubchen Gold
wurde mehr an dieser Stelle gefunden. Nur die überwachsenen Gräben erinnern an
die einstige "goldene Zeit".
(Lange Zeit soll im "Sallagroum" nordwestlich von Steinbach im
15. und 16. Jahrhundert eine Goldwäscherei gewesen sein, von deren Erlös die
Neumühle, früher genannt "Goldmühle", eine alte Mahlmühle unterhalb Silberstein,
erbaut worden sein.)
Eine versunkene Burg bei Steinbach
In der Rockenstube hatte die Großmutter oft von der versunkenen Burg an der
Bettelmannbrücke erzählt. Ein gotteslästernder Graf war mit seinen frevelnden
Gästen Mitternachts samt dem Schlosse dort in der Erde verschwunden. Wer zur
gleichen Zeit in einer Johannisnacht im Waldstück Hölle das Gebäude findet,
trifft - darin auf eine zechende Gesellschaft im Rittersaal. Nimmt er einen der
goldenen Becher auf der Tafel an sich, so bringt ihm das Glück und unermeßlichen
Reichtum. Ein armer Floßknecht erinnerte sich manchesmal an diese Erzählung. Er
wollte auch zu Reichtum und den damit verbundenen Annehmlichkeiten kommen. In
einer Johannisnacht ging er in diese Waldabteilung und fand alles so, wie es die
alte Frau vor Jahren erzählt hatte. Wie er einen der Becher ergriffen hatte, war
plötzlich der ganze Raum voll brodelnden Feuers. Der Fußboden erbebte und das
Gebäude begann zu versinken. Er konnte es gerade noch verlassen. Am Morgen
fanden ihn seine Arbeitskameraden wie leblos am Wege liegen. Sie brachten ihn
heim. Von da an war er todkrank. Sprache, Gesicht und Gehör waren geschwunden.
Übers Jahr am Johannistage hatte er noch einen lichten Augenblick. Nun
berichtete er, was er erlebt hatte, und entschlief.
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